Zentralasien - Klappe die Erste

 

Wir haben das letzte Abenteuer im Iran – die Taxifahrt – überlebt und besteigen ohne Probleme oder Verspätungen das Flugzeug, das uns zu neuen Horizonten fliegen soll. Ein elend langer Aufenthalt in Istanbul bringt uns auch nicht aus der Ruhe und nach guten 24 Stunden betreten wir das erste mal zentralasiatischen Boden. Wir sind in Almaty, Kasachstan, angekommen. Und was sehen wir? Berge, Grün (überall so grün), sowjetisch anmutende Städte und Bier. Auch Uwe findet kaum noch etwas zu meckern und so gönnen wir uns ein paar Tage in der Stadt, um in diesem neuartigen Land anzukommen.

 

 

 

Hier erreichen uns unangenehme Nachrichten. In der Pamirregion in Tadschikistan (unser erklärtes Ziel seit unserem Start vor vielen Monaten) gibt es erneut Unruhen… Immer wieder kommt es zu Konflikten zwischen der tadschikischen Regierung und der autonomen Region Berg-Badachschan (Pamirregion) mit Verlusten und Verhaftungen. Welch eine Schande! In solchen Situationen wird uns unser Glück in Sicherheit und Stabilität zu leben nur allzu deutlich. Wir werden beobachten wie sich die Lage entwickelt und gönnen uns noch mehr Zeit für die vor uns liegenden Länder – Kasachstan, Kirgistan und Usbekistan.

 

 

Nach einigen Tagen in Almaty ziehen wir also los in Richtung Osten. Schon in Kasachstan wollen wir in die Berge – in den Tien Shan, das „Himmelsgebirge“. Ein Hochgebirge das sich von Kasachstan über Kirgistan bis Tadschikistan erstreckt. Wir fahren also hinauf. Bleiben unterwegs zwei Tage in einem Hostel, deren Besitzerin deutsch spricht und sich freut endlich wieder ihr eingerostetes Deutsch üben zu können. Das Wetter ist so lala (es regnet Bindfäden), Uwe fühlt sich unwohl (dem Tod nahe) und hat dazu auch noch Geburtstag – gut dass wir hier eine Heizung haben. Aber bald ziehen die Wolken vorbei und wir wollen das Wetterfenster nutzen. Also weiter geht’s. Riesige Pferdeherden kreuzen unseren Weg... Bis auf circa 2500 Meter Höhe arbeiten wir uns hinauf und hier erwartet uns eine Überraschung. Keine Pferdeherden mehr, dafür Blumen über Blumen. Lila, gelbe und blaue Teppiche erstrecken sich vor uns und wir fühlen uns wie im Paradies. Eine halbe Tagesreise weiter ändert sich die Landschaft plötzlich – es wird trockener, die Erde rot. Bis wir wieder steil hinab zu dem Bartogay See fahren und wir uns wieder wie im Iran fühlen – es ist heiß und karg. Ein unglaublicher Szenenwechsel auf so kurze Distanz – krass.

 

 

 

 

Unweit der kirgisischen Grenze schließt sich das Wetterfenster wieder und wir verbringen einen verregneten Ruhetag in einem Canyon am Fluss – immer noch so schön!

 

Den Regen vorbei zu lassen ist der Plan, aber der geht nicht auf. Im Regen müssen wir weiterfahren (die Nahrungsmittel werden knapp – Uwe spürt schon wieder den Hauch des Hungertodes im Nacken), überqueren einen Pass und kommen klitschnass in der Grenzstadt Kegen an – wir gönnen uns ein rustikales Hotel für die Nacht bevor wir am nächsten Tag im Regen und mit französischer Begleitung (zwei Radfahrer, die wir in dem Canyon schon getroffen haben) weiterfahren. Für den Abend ist Sonnenschein gemeldet. Wir hoffen inständig darauf, denn an der Grenze angekommen, spüren wir schon einige Körperteile vor Kälte nicht mehr (Kältetod??). Zum Glück geht es hier schnell und wir können uns hastig wieder auf die Räder schwingen – nur so ist zu hoffen, dass Gefühl in die tauben Körper zurückkehrt. Was für Strapazen – wir bitten hier um ein mitleidiges „oooh“ und „aaah“. Okay, genug. Denn wenig später hört es tatsächlich auf zu regnen und die Sonne zeigt sich. Hach ja, wer’s verdient…

 

 

 

 

Und so kommen wir gesund, munter und warm in Kirgistan an – wenn das mal kein Zeichen ist.

 

Kirgistan – das Land der Berge, Pferde und Yurten. Von rauer landschaftlicher Schönheit geprägt (fragt Google, wenn ihrs nicht glaubt), liegt auch dieses Land an der uralten Seidenstraße. Und was Google sagt, können wir nur bestätigen. Aber von vorn!

 

Wir reisen im Osten des Landes ein und wollen uns einen Weg gen Westen durchschlagen – also einmal quer durch.

Durch grüne Hügel, im Hintergrund immer die schneebedeckten riesigen Berge (Tien Shan - bis über 7000 Meter hoch reichen sie) rütteln wir auf den Schotterpisten erstmal bis Karakol. Hier versorgen wir uns mit Bargeld, einer Sim Karte, viel zu Essen und viel Ruhe, natürlich darf auch das Bier nicht fehlen.

 

 

 

Nach ein paar Ruhetagen entscheiden wir uns soweit es geht ein Tal hinauf zu fahren (schieben) und die restliche Strecke zu Fuß zum Alakul See, der auf etwas über 3500 Meter liegt, zu überwinden. Da immer noch Anfang Juni ist, stapfen wir letztendlich im Schnee und erahnen nur einen See unter einer weißen Schneedecke. Aber grandios ist es trotzdem! Ein toller Ausflug, auch weil unsere Fahrräder hier mal so richtig zeigen dürfen was sie können… bis der Anwender sich zu dämlich anstellt (und da ist vorallem der weibliche Part der Reisegesellschaft gemeint). Naja, man wächst mit seinen Aufgaben und so.

 

 

 

Danach bahnen wir uns den Weg zum Issykkul See – dem zweitgrößten Gebirgssee der Erde (nach dem Titicacasee in Südamerika). Trotz eisigen Temperaturen im Winter gefriert dieser See nie… Es gibt Theorien, warum dies so sein könnte. Vielleicht wegen seiner Tiefe, oder dem leichten Salzgehalt, oder den warmen Quellen an seinem Grund… wer weiß es schon. Schön ist er nichtsdestotrotz! Immer wieder zeigen sich schöne Campingmöglichkeiten, sodass wir einige Zeit brauchen bis wir den See hinter uns lassen und uns wieder den Bergen zuwenden.

 

 

 

Nächstes erklärtes Ziel soll der der Sonkul See sein – ein alpiner See auf knapp 3000 Meter Höhe. Um dorthin zu gelangen, überwinden wir luftnötig einen 3446 Meter-Pass – unser höchster Punkt den wir mit dem Fahrrad bisher errreicht haben. Und toll ist es hier! Drei Nächte campen wir in dieser Wildnis und können die Schönheit kaum fassen. Was eine Gegend, was ein Land.

 

 

 

 

Auf dem Weg in abermals tiefere Gefilde ändert sich die Landschaft wieder – es wird trockener, man fühlt sich stellenweise wie in einem Western. Wir radeln einen Umweg über Tash Rabat, einer alten Karawanserei. Nicht so beeindruckend wie andere, die wir schon sehen durften, aber landschaftlich einfach unschlagbar gelegen. Querfeldein geht es über die nächsten Pässe bis wir auf der „Hauptstraße“ landen, die uns abermals über einen Pass Richtung Osh führt.

 

 

 

 

Dieser letzte Pass in Kirgistan wird uns nicht leicht gemacht – ein Sturm hindert uns am Vorwärtsfahren und so suchen wir uns kurzerhand eine kleine Nische am Hang (Schwindelfreiheit ist gefragt) und warten den morgigen Tag ab in der Hoffnung auf bessere Bedingungen. Und die kommen. Bei herrlichem Sonnenschein und einem leichten Lüftchen schrauben wir uns hinauf.

 

 

 

 

Auf der anderen Seite eröffnet sich nun das Ferghana Tal vor uns. Eine fruchtbare Tiefebene, die sich Kirgistan und Usbekistan teilen. Auch Osh liegt hier. Diese Stadt markiert den Anfangs- bzw- Endpunkt des Pamir Highways, der durch das Pamirgebirge bis nach Tadschikistan (zu dessen Hauptstadt Dushanbe) führt. Leider gibt es auch zwischen diesen beiden Länder Streitigkeiten und die Grenzen sind geschlossen. Auch wurde unser Visum für Tadschikistan abgelehnt (Gründe natürlich unbekannt). An sich dürfen deutsche Staatsangehörige für 30 Tage visafrei einreisen, uns reicht das aber nicht. Wir suchen also ein Sammeltaxi (denn Busse oder Züge gibt es hier nicht) und lassen uns in die Hauptstadt Bishkek kutschieren, um die tadschikische Botschaft aufzusuchen. Eine 8-stündige Horrorfahrt. Nur mit einigem Rütteln des einschlafenden Fahrers auf diesen schlechten Passstraßen von Kirgistan kommen wir lebend an…dafür war’s billig… Unser Fazit: Nie wieder!

 

 

 

 

In Bishkek bekommen wir für teuer Geld ohne Probleme ein 45-tägiges Visa für Tadschikistan, freuen uns und erkunden die Stadt mit ihrer sowjetischen Architektur. Sehr angenehm. Zurück nach Osh geht es dann mit dem Flugzeug – easy, günstig und sicher. Warum nicht gleich so?

 

Wieder in Osh ruhen wir uns aus – wie soll es auch anders sein – und lassen die Zeit in Kirgistan noch einmal Revue passieren. Sechs tolle, eindrückliche Wochen verbrachten wir in diesem unglaublich schönem Land und wir sind uns sicher, dass uns unser Weg eines Tages wieder hier her führen wird.

 

 

 

 

Nun geht es aber weiter nach Usbekistan – ein riesiges Wüstenland. Es ist Mitte Juli und man mag sich vorstellen können, dass dies nicht unbedingt die optimale Reisezeit für die Wüste ist. Bei 45°C und mehr radeln wir lediglich bis Margilon (was immer noch etwas über 100km sind) und entschließen uns ab hier den Zug zu nutzen. Diese Hitze wollen wir uns nicht mehr auf dem Rad antun – es macht keinen Spaß und das Zugsystem ist in diesem Land einfach und günstig.

In Margilon besuchen wir noch eine traditionelle Seidenfabrik – denn diese Stadt lebt seit langer Zeit von der Seidenherstellung – und besteigen dann den Zug zur Hauptstadt Tashkent. Wieder eine vom sowjetischen Baustil geprägte Stadt. Viel tun wir hier nicht, sondern sitzen bald abermals im Zug nach Samarkand – eine bekannte Stadt an der berühmten Seidenstraße.

 

 

 

 Die Architektur in Samarkand erinnert sehr an die Städte im Iran, aber wir genießen es und fühlen ein wenig den Flair dieser uralten Handelsroute. Nach Samarkand besuchen wir noch Bukhara. Diese kleine Stadt finden wir mit ihren Gässchen und dem alten Zentrum noch schöner. Wir schlendern und genießen und fühlen uns wie im Urlaub.

 

 

 

 

 

 

 

Usbekistan war eine gute Auszeit, ein schöner Urlaub von den sonst so strapaziösen Alltag… haha, Scherz beiseite. Aber es war schön und wir haben die Zeit sehr genossen. Nun soll es aber weitergehen – nach Tadschikistan – endlich! Am 1. August beginnt unser Visum, wir sind aufgeregt, was uns dieses Land bringen wird. Kann es mit der tollen Landschaft Kirgistans mithalten, sind unsere Erwartungen zu hoch, dürfen wir überhaupt einreisen? Fragen über Sorgen. Es wird Zeit! Es geht los!

 

 

 

 

 

Wir freuen uns! Freut euch!

 

 

Kommentare: 1
  • #1

    Andrea (Donnerstag, 22 September 2022 12:43)

    Danke, dass ihr uns so lebensnah an euren Erlebnissen teilhaben lasst, ich wünsche euch weiterhin alles Gute und bleibt schön gesund