Wunderbares Tadschikistan

 

Morgens um zehn am 1. August stehen wir an der Grenze und zeigen etwas nervös unsere Pässe mit den Visen vor. Der tadschikische Grenzbeamte lässt sich, trotz der nicht unerheblichen Schlange hinter uns, Zeit und weist noch einmal darauf hin, dass wir doch gar kein Visum gebraucht hätten – 30 Tage hätten wir auch so bekommen. Jaja, aber das ist uns nicht genug! Wir wollen länger bleiben, wir brauchen mehr Zeit, nicht nur wegen unseres Transportmittels…

 

Der Pamirhighway ist nun so nah. So lange wollte ich (Jule – ja, nun outet sich der Autor der Blogartikel) diese Region unserer Welt besuchen, sie erleben und entdecken. Und endlich – nach dem wohlklingenden Geräusch des Einreisestempels in unserem Pass sind wir meinem Traum etwas näher!

 

Es kann losgehen!!

Die ersten Tage verbringen wir mit einem Auf und Ab bis zur Hauptstadt Duschanbe. Und schon dieses Gebirge – das Fan Gebirge – ist unglaublich schön und in unbestimmter Zukunft eine Entdeckung wert. Auch unseren dritten Hochzeitstag begehen wir bei einer schönen Bergetappe mit Rosenblüten vom Straßenrand. Was wünscht man sich mehr?!

Am Ende dieser Bergetappe liegt ein Tunnel – berüchtigt für seine fehlende Belüftung, Licht und Wasserablauf… Noch dazu herrscht guter LKW Verkehr. Nun das bedeutet dann wohl einen davon anhalten und nett um eine Mitfahrgelegenheit bitten. Wir sind kaum von unseren Rädern abgestiegen, da hält auch schon der erste Kohle-LKW, der in unsere Richtung fährt und fragt, ob wir nicht mit wöllten. Klar, nur wie sollen unsere Räder mitsamt Gepäck auf den vollen LKW passen? Und das ist das schöne an diesen Ländern: Alles kein Problem, geht schon irgendwie. Und so ist es auch – der Deutsche macht sich einfach zu viele Sorgen. Eine halbe Stunde später stehen wir auf der anderen Seite vor einer dramatischen Berglandschaft – kann es noch besser werden?

 

Wir lassen uns nach Duschanbe rollen und gehen sogleich unserem Hauptanliegen in dieser Stadt nach – wir brauchen eine Genehmigung, um die Pamirregion besuchen zu dürfen. Angespannt und wieder etwas nervös suchen wir die zuständige Behörde auf. Nach fünf Minuten ist klar: Kein Grund zur Sorge, wird gleich erledigt. Und tatsächlich, ein Geldschein wandert über die Theke und schon halten wir unsere Genehmigungen in den Händen!! Nun kann´s also tatsächlich losgehen, nun heißt es, Pamir wir kommen!!

 

Ab Duschanbe gibt es zwei Hauptwege diese Region im Osten des Landes zu erreichen – die Nord- oder Südroute. Die Nordroute soll etwas anstrengender sein, weniger gute Straßen, dafür schönere Landschaften. Na da ist ja wohl klar wo wir langfahren. Zumal die Nordroute auch die M41 ist – der Pamirhighway!

Und landschaftlich spektakulär das ist die Route! Wir genießen den Teil der Strecke, denn auch die Straße ist nicht so schlecht wie ihr Ruf. Bis plötzlich… am Abend als wir es uns vor dieser Kulisse bequem machen wollen, sieht Uwe etwas blass und ohne seinen sonstigen Schalk hinter seinem Fahrrad auf und meint: sein Fahrradrahmen sei gebrochen……. What??? Hier? Jetzt? Mitten im Nirgendwo? Kurz vor dem Pamir? What?

Nun, darüber muss in Ruhe nachgedacht werden… vor uns liegt ein Dorf. Wir beschließen morgen dorthin zu radeln – irgendwer kann schon schweißen… Gesagt getan. Nur das passende Schweißgerät hatte niemand. Kacke! Wir sollen ein Stück zurück fahren (bergab), da ist eine Ziegelei, die haben so was… na hoffentlich… Nach einigem weiteren Bangen kommen wir bei besagtem Betrieb an und jaaaa! Lange Geschichte kurz: ein sehr kompetent wirkender Schweißer nimmt sich der Sache professionell an und nach einer halben Stunde ist das Fahrrad repariert! Wir würden ihm am liebsten um den Hals fallen – lassen das aber lieber sein und danken dafür alle Allah…

 

 

Der wilde Ritt kann also weitergehen! Juhu! Und wieder wird uns bewusst, Glück gehört einfach zu so einer Reise dazu! Und natürlich tolle Menschen.

Ab Qalai Khumb, eine Stadt an der Nord- und Südroute wieder aufeinander treffen, wird die Straße dann wirklich schlecht. Und auch ab hier haben wir Afghanistan stets auf unserer rechten Seite im Blick. Nur ein Fluss, der Panj, trennt uns von dem Land, was das tadschikische Militär anscheinend auch aus der Ruhe bringt. Täglich sehen wir nun Soldaten die Grenze patrouillieren, Schießstände (oder wie man das nennen mag) stehen in kurzen Abständen am Straßenrand und Militärposten sind allzu präsent. Auch das Wildcampen gestaltet sich dadurch etwas schwieriger und so nehmen wir dann auch mal ein Guesthouse in Anspruch – in angenehmer Gesellschaft: mit einem australischen Pärchen verbringen wir mehrere schöne Abende.

 

In Khorog stehen wir wieder vor einer Entscheidung. Entweder weiter an der Grenze entlang radeln – dem Wakhan Korridor – oder auf direktem Wege auf das Hochplateau im Pamirgebirge. Nach ein wenig Pause in Khorog (und Auffüllen der Essensvorräte) fahren wir weiter entlang der Grenze.

 

Der Wakhan Korridor begleitet weiter den Fluss Panj. Das Pamirgebirge zu unserer Linken und der Hindukusch zu unserer Rechten. Herrlich! Herrlich… einfach schön.

Aber natürlich ist nicht alles immer nur schön und perfekt, nein. Der Durchfall gehört zu diesem Land wie Arsch auf Eimer… oder Loch im Boden. Erst plagt er Uwe eine Zeit lang, dann bin ich dran. Herrlich… Naja. Was uns nicht umbringt… Ein paar Regentage verbringen wir in einem kleinen Dorf in einer Unterkunft, wo wir die Verdauungsbeschwerden etwas auskurieren können. Auch hier sind wir in Gesellschaft – ein verrückter Holländer, der sich durch´s Land trampt, verkürzt uns die Wartezeit.

 

Nach drei Tagen geht es dann weiter, hinauf! Hinaus aus dem Wakhan Tal und mitten rein ins Hochgebirge. Der 4344 Meter hohe Khargushpass wird nach einer unfreiwilligen Nacht an einer Militärstation in einem verräuchertem Haus (der Pass war wohl wegen wilden Hunden an dem Nachmittag zuvor gesperrt…) schnell überwunden und vor uns liegt das Pamirhochplateau in seiner ganzen rauen Schönheit!

 

Die nächsten Tage werden wir auf etwa 4000 Meter Höhe verbringen. In dieser wilden Weite stellen wir in absurd schönen Landschaften unser Zelt auf, kochen, radeln, genießen!

 

Die Angst zu hohe Erwartungen gehabt zu haben, löst sich in Luft auf und was bleibt, ist Ruhe und Glück und Zufriedenheit und eine Schönheit, die sich nur schwer in Worte fassen lässt.

 

 

In dem kleinen netten Städtchen….Dorf Murghab (denn ja, auch hier leben Menschen) verbringen wir einen Ruhetag und füllen mal wieder Essensvorräte auf. Auch eine neue Schlafmatte für mich muss her, denn die hat nun völlig den Lebenswillen verloren… Ein bunter Schaumstoffersatz ist bald erstanden… besser als nix.

 

Schwer beladen radeln wir bald weiter auf unseren höchsten Pass dieser Reise zu: dem Ak-Baital Pass mit 4655 Metern. Schniefend und keuchend und mit vielen Pausen meistern wir auch diese kleine Hürde. Nichts kann uns aufhalten. Außer vielleicht die weiterhin geschlossene Grenze zu Kirgistan… Aber ein Plan B steht schon in den Startlöchern und wird sogleich ausgeführt. Wir fahren einfach das Bartang Tal zurück nach Rushon und sind damit einen kleinen Kreis gefahren. Perfekt!

 

Haha… das Bartang Tal. Normalerweise nur für die Hartgesottenen, die mit fetten Reifen und wenig Gepäck Abenteuerurlaub machen. Und für uns natürlich.

Das Bartang Tal ist wiederum dramatisch schön, aber auch fahrtechnisch recht anspruchsvoll. Flüsse zerstören gern die „Straße“, oft ist das Tal durch Erdrutsche und Überflutungen nicht passierbar. Wir sind aber zu einer guten Jahreszeit hier und einheimische Führer wissen, dass das Tal zur Zeit befahrbar ist und so genießen wir auch diesen Teil Tadschikistans.

 

Am Ende wird das Tal dann aber doch recht ermüdend und erfordert unsere letzten Kräfte. Der Weg ist einfach extrem schlecht, der Wind manchmal nicht ideal und der Durchfall hat uns auch wieder… Aber wir schaffen es und in Rushon gönnen wir uns in einem schönen Guesthouse einen Tag Ruhe und essen das üppige Frühstücksbuffet fast leer… Na wer zu spät kommt…

 

Ein anderer deutscher Radfahrer trifft noch ein und zusammen treten wir den Rückweg nach Duschanbe an – in einem Geländewagen…mit 9 Passagieren, deren Gepäck und drei Rädern, alles auf dem Dach auf tadschikischen Wegen. Da können wir nur hoffen, dass das Stoßgebet unserer Mitfahrer erhört wird.

Und tatsächlich, lebend und ohne Beschädigungen oder Verluste kommen wir nach 10 Stunden in Duschanbe an. Und damit ist für uns das Abenteuer Zentralasien zu einem würdigen Abschluss gekommen… denken wir.

 

Die Weiterreise ist bereits geplant (kurzfristig in Rushon) und der nächste Flug steht schon in wenigen Tagen an. Aber das ist eine Geschichte für sich…

 

Zum Schluss sei gesagt, Tadschikistan hat uns begeistert (bis auf diverse Verdauungsprobleme). Nicht nur die Landschaft ist unglaublich auch die Menschen besitzen eine ehrliche und angenehme Gastfreundschaft, die uns dieses Land versüßt hat. Wir sind so froh das alles erleben zu dürfen und werden von unserer Zeit hier wohl noch viele Stunde träumen.

 

Aber nun wird es Zeit weiter zu ziehen. Denn wir sind Reisende.

Kommentare: 1
  • #1

    Chris Runge (Mittwoch, 14 Dezember 2022 14:21)

    Hallo ihr Beiden,
    schön zu sehen, dass ihr das Bartangtal geschafft habt. Wir, Chris und Michael aus Freiburg mit Toyota Landcruiser mit Aufbau, haben euch unterwegs getroffen, als wir vom Karakul See kamen, wohin ihr ja nicht wolltet (hätte sich gelohnt). Jedenfalls habt ihr das Bartangtal geschafft, das wir mit unserem Auto nicht machen wollten, da es hieß, die östliche Seite hätte einige undurchgängige Passagen (für Autos). Wir sind dann aber trotzdem noch von der Westseite zwei Tage lang reingefahren und fanden es auch wunderschön.
    Mittlerweile sind wir seit vier Wochen wieder in Freiburg (laaaanger Heimweg) und freuen uns auf Weihnachten.
    Liebe Grüße
    Chris