Quer durch Polen nach Litauen

 

Und weiter geht es.

 

 

Der polnische Grenzübergang ist so unspektakulär, dass keine weiteren Worte darüber verloren werden sollen, denn die wilde Fahrt geht ungehindert Richtung Nordost weiter. Holprige sandige Wege, Hagelschauer, Wind oder frostige Temperaturen halten uns nicht auf, sondern treiben uns eher voran – denn nur so bleibt man warm… Langsam gewöhnen wir uns auch wieder an die polnische Kultur, kochen abends oft Piroggen, grüßen die Locals mit einem freudigen „Dobre“ und finden ohne Mühe schöne Schlafplätze. Bei der Wassersuche läuft es da nicht immer ganz so gut. Eines schönen abends stehen wir da – ohne Wasser, kein Friedhof weit und breit in Sicht. Fraglich ist sowieso warum es auf polnischen Friedhöfen Wasser gibt. Die Gräber sehen aufgrund der vielen Kunstblumen schön bunt aus, aber Wasser brauchen die doch eigentlich nicht…. Nichtsdestotrotz, wir müssen uns kümmern. Das schnell mal gegoogelte „Haben Sie Wasser?“ in polnisch, nützt uns nichts – unaussprechlich! Also stehen wir an einem Gartenzaun und bewerfen die Frau dahinter mit den Worten „Woda, woda…“ („Wasser, Wasser…“). Und tatsächlich, sie nickt wie verrückt, geht ins Haus und kommt mit einer Wasserflasche und ihrem Mann zurück. Dieser kann ein paar Brocken deutsch und noch ein paar weniger Brocken englisch, aber es reicht, um uns auf einen Kaffee einzuladen und uns eine halbe Stunde mit allen Mitteln zu unterhalten. Mit vollen Wasservorräten, einem Wurstglas und dem polnischen Satz „Wir sprechen kein polnisch“ im Gepäck verlassen wir diese netten Menschen und sind um eine tolle Erfahrung reicher. Danke!

 

 

 

Eine Nacht an der Weichsel wird erneut zur traumatischen Erfahrung für Jule (da war doch schon mal sowas an der Isar…), die jederzeit damit rechnet samt Sack und Pack fortgeschwemmt zu werden. Aber überraschenderweise doch überlebt, radeln wir nach Graudenz ein. Die Stadt hat eine wirklich schöne Altstadt und nach einem riesigen Burger, verschlingen wir auch noch ein leckeres Eis. So gut, dass wir den ganzen Tag Radfahren… Auch machen wir hier die Bekanntschaft mit Anne, einer Polin, die uns weiterhin mit Rat und Tat zur Seite steht. Ein fettes Dankeschön auch an sie!!

 

 

 

 

Die leichten Frühlingsregungen, die wir in vollen Zügen genießen sind leider viel zu schnell wieder vorbei. Die Kälte setzt uns zu, man sehnt sich schon zum Mittag nach dem wärmenden Schlafsack und vorallem nach einer warmen Dusche - denn auch das Waschen ist bei solchen Temperaturen erschwert… Und so fällen wir die Entscheidung in Allenstein zwei Nächte in fester Unterkunft zu verbringen. Uwe nutzt die Zeit sich noch ein paar warme Socken zuzulegen und Jule einfach nur um zu entspannen.

 

 

 

 

Gestärkt und motiviert geht es danach weiter Richtung Wolfsschanze. Bei Schneefall wandern wir auf dem Gelände umher und sind von der gewaltigen Bunkeranlage beeindruckt (politisch völlig neutral). Die Masuren mit ihrer schönen Seenlandschaft lassen wir bald hinter uns und nähern uns der Grenze zu Russland und Litauen. Und da passiert´s! Mitten im Wald, im Naturschutzgebiet, rundherum Bäume und Nichts steht ein Polizeiwagen. Wir denken im ersten Moment an eine Halluzination – doch zu viel Bier am Vorabend? Aber nein. Aus dem schicken Geländewagen steigen zwei schicke Mädels aus, die ein ganz klein wenig Deutsch können, dafür aber überhaupt kein Englisch. Es wird eher eine freundliche Begrüßung und wenn wir zufällig eine ID-Card dabei hätten, könnten wir die denen ja auch mal zeigen. Gesagt, getan. Und so sind wir nun in Polen registriert. Den Impfausweis will aber immer noch keiner sehen….

 

 

 

 

Die kurze Unterbrechung hält uns nicht auf – Litauen wir kommen. Kurzer Blick auf´s Dreiländereck und zack sind wir in einem neuen Land. Mit einer neuen Zeit – eine Stunde weiter sind die Menschen hier, einer neuen Währung (erst in Litauen registrieren wir, dass der Euro auch hier schon Einzug hielt…) und einer neuen Sprache. Aber bei einer Mittagspause vor einer Schule bekommen wir von den hiesigen Kids (die können in der 4. Klasse schon richtig gut Englisch…) gleich mal ein paar wichtige Worte beigebracht. So können wir endlich auch den Litauern ein freudiges „Labas“ entgegenrufen. Aber irgendwie sind die Nordländer doch etwas verhalten – wir werden in den meisten Fällen nur skeptisch beäugt. Was soll´s.

 

 

 

 

Ein kleines Ziel – der eigentliche Grund für uns nach Litauen zu radeln – erreichen wir nach 1421 km. Piktaten und Minneiken – die Heimat von Jule´s Opa. 1945 musste auch er, wie viele anderen, seine Heimat verlassen. Die Gegend wird genaustens erkundet und mit Opa Willys Lieblingsschnaps auf ihn angestoßen (ein Dank geht hier an unsere Lieblingswestverwandtschaft😉). Als wir nach der alten Schule in Minneiken suchen, spricht uns plötzlich ein Dorfbewohner in überraschend gutem Englisch an. Nach einem längeren Gespräch lädt er uns auf einen Kaffee zu seiner Familie in die Küche ein – wieder ein tolles Erlebnis!

 

 

 

 

Weiter radeln wir gegen den stürmischen Wind nach Klaipeda, einer Hafenstadt an der Kurischen Nehrung. Hier pausieren wir mehrere Tage, um das kühle Wetter auszusitzen, die Gegend unsicher zu machen, die Ostsee zu genießen, hiesige Speisen zu vertilgen und zu duschen! Herrliches Leben!

 

 

 

 

Aber es dauert nicht mehr lange und die wilde Tour mit Rad und Zelt wird gen Süden fortgesetzt – freut euch.

 

 

Kommentare: 8
  • #8

    Constanze (Donnerstag, 27 Mai 2021 22:55)

    Hallo, es ist toll von euch zu lesen und zu sehen. Ich wünsche euch weiterhin so tolle Erlebnisse und ich bleib dran.

  • #7

    Romy (Dienstag, 18 Mai 2021 08:49)

    Eure Tour sieht bis jetzt traumhaft aus! Weiter viel Spaß, gutes Wetter und Material! �
    Werd‘ euch „weiter(ver)folgen“ �
    VG, Romy

  • #6

    Bine (Freitag, 14 Mai 2021 20:05)

    Huhu, ihr Beiden.
    Hab mich heute total gefreut euren Reiseverlauf zu lesen- sehr spannend geschrieben!!! Schöne Fotos.
    Freu mich schon auf die nächsten Beiträge um mein Fernweh zu lindern.
    Viel Spaß und ein paar Sonnenstrahlen ☀️

  • #5

    Lieblingwestverwandtschaft (LWV) (Donnerstag, 13 Mai 2021 21:49)

    Hallo ihr Zwei
    Super schöne Bilder und Erlebnisse und richtig gute Texte
    Wir sind begeistert und werden euch weiterhin begleiten
    Allzeit plattenfreie Zeit
    LWV (Lütti und Noldi)

  • #4

    Stephie (Montag, 10 Mai 2021 22:38)

    Schön von euch zu hören! Tolle Bilder und Erlebnisse. Bei uns war heute Sommer ☀️... wir hoffen, das ihr wenigstens bald den Frühling als euren Begleiter habt ☺️ Liebste Grüße :-*

  • #3

    Onkel Franek (Samstag, 08 Mai 2021 21:14)

    Endlich gibt es wieder was zu sehen und zu lesen - juchu! Bin beeindruckt, wie schnell Ihr trotz des widrigen Wetters vorwärts kommt und wieviel Kilometer Ihr so teilweise runterreißt. Großes Lob für die vielen schönen fotografischen Einstellungen. Uwe, Du hast definitiv ein Gespür für gute Motive. Mir gefallen zudem die "Experimente" mit tiefstehender Sonne mang Geäst & Co.
    Jule macht sich auch ganz gut als Fotoobjekt und wie man auf dem letzten großen Bild erkennt, passt sie sich dabei der örtlichen Bevölkerung hervorragend an: ne richtig kleine Babuschka! ;-))))
    Habt Euch lieb, kommt gut weiter und vielleicht trefft Ihr ja doch noch den Frühling?!

  • #2

    Heike (Samstag, 08 Mai 2021 03:34)

    Herzliche Grüße aus der Küchwald- Notaufnahme. Ich wünsche Euch eine tolle Zeit und als Erstes besseres Wetter.

  • #1

    Nine (Freitag, 07 Mai 2021 20:43)

    Eure neuen Eindrücke und Erlebnisse gleich wieder mit Freuden gelesen.

    Ich freu mich mit euch und fieber mit. Viel Spaß weiterhin :)