Eine kurze Geschichte aus dem Iran

 

Der Iran – was hatten wir nicht schon alles über den Iran gehört. Für viele Radreisende ist er das Reiseland schlechthin. Somit waren unsere Erwartungen doch recht hoch...

 

Wir buchten eine Fähre von Dubai nach Bandar Abbas. Wir waren nicht die Einzigen mit viel Gepäck. Viele Iraner nutzten die Fähre um allerlei Waren aus der nichtsanktionierten Welt zu holen. Mit etwas Verspätung kamen wir in Bandar Abbas an. Die Grenzabfertigung war problemlos und die Beamten sehr freundlich. Ab nun hieß es für Jule Kopftuch tragen. Es wurde dunkel und wir beschlossen etwas abseits der Straße unser Zelt aufzuschlagen. Nicht allein. Kurz zuvor trafen wir einen jungen Franzosen.

 

 

 

 

Wir beschlossen am nächsten Tag gemeinsam Geld tauschen zu gehen und eine SIM Karte zu organisieren. Im Iran sind alle Geldkarten nutzlos und man sollte einen Vorrat an Dollar bei sich haben, um diese in Millionen des iranischen Geldes tauschen zu können. Unglücklicherweise war am nächsten Tag Feiertag im Iran. Uns gelang es nur in einem Hotel ein paar Dollar zu tauschen. Bei unserer „Stadtrundfahrt“ machten wir dann zum ersten Mal Bekanntschaft mit den jugendlichen Motorradfahrern. Der junge Mann fand es besonders witzig die ganze Zeit neben Jule zu fahren und ihr anzudeuten, dass sie doch bei ihm mitfahren möge. Die Aktion endete damit, dass er sie am Bein betatschte und davonraste.

 

Wir waren bedient und wütend. Wir wollten raus aus der Stadt. Die nahe gelegene Insel Hormoz soll spektakuläre Landschaften zu bieten haben. So gingen wir zum Hafen und buchten eine Fähre dort hin. Die Dame am Schalter meinte die Fahrräder reisen kostenlos. Der Mann auf dem Schiff war anderer Meinung und wollte den gezahlten Preis gleich nochmal haben. Nachdem wir anderes Personal um Hilfe baten, folgten Diskussionen, die wenigstens den Preis nach unten drückten.

 

 

 Angekommen auf der Insel kamen wir in ein Gewühl aus kleinen Tuk Tuks und Motorrädern, deren Fahrer emsig beschäftigt waren ihre Dienste als Taxi anzubieten.

 Auch hier versuchten wir etwas Geld zu tauschen oder eine Sim-Karte zu bekommen. Fehlanzeige. Immerhin ist das Einkaufen im Iran recht günstig und wir können uns etwas mit Essen eindecken.

 Abseits des ganzen Trubels wurde es wirklich traumhaft. Felsen in unterschiedlichsten Farben schillerten in der Sonne. Wir krabbelten in eine Salzhöhle und spazierten durch „Salzflüsse“. Wir übernachteten endlich wieder in der Natur. Eine wirklich sehenswerte und abwechslungsreiche Insel.

 

 

 

Zurück in Bandar Abbas wollte oder konnte uns irgendwie niemand eine SIM-Karte verkaufen, technische Probleme oder Probleme mit unserem Pass wurden genannt. Immerhin konnten wir ein paar mehr Dollar in Millionen Rial verwandeln. Am nächsten Tag ging es mit iranischer Hilfe erst zum SIM Kartenshop, dann zur Polizei und wieder zum Shop – erfolglos. Laut Shop war der Pass Schuld, laut Polizei alles in bester Ordnung. Unser iranischer Begleiter konnte es nicht verstehen und wir erst recht nicht. Der nette Kerl hatte uns vergeblich von Shop zu Shop gefahren, zur Polizei und war immer unser Dolmetscher. Ein letztes Mal gingen wir zu einem Shop und erhielten nun für wesentlich mehr Geld eine „illegale“ SIM-Karte.  

Nun konnte es endlich losgehen. Unser nächstes Ziel sollte Shiraz sein.

 

 

 

 

Trockene karge Landschaften zogen an uns vorbei, es ist heiß. Wir hatten Glück und wurden eingeladen in einem klimatisierten Nebengebäude einer Moschee zu übernachten. Ein paar verfallene Karawansereien zeugten von einer längst vergangenen Zeit. Langsam wurde es bergiger und die Temperaturen angenehmer. Eine Mittagspause in der Nähe einer Schule? Keine so gute Idee. Irgendwann ging man im Gewimmel unter.

 

 

 

 

Als wir die große Straße verließen, um etwas mehr Natur und Abgeschiedenheit zu genießen, wurden wir mehrfach gewarnt, dass dies kein sicheres Gebiet sei durch was wir fahren wollten. Wir kehrten um. Zurück auf der Straße fiel es uns schwer die Reise zu genießen. Ständig wird man angehupt, ausgebremst um Fotos zu machen oder einen einzuladen. Auch wenn alles sehr nett gemeint war, uns war das einfach zu viel des Guten. Spätestens wenn an einem gezogen wird, dass man doch mitkommen soll, ist ein Punkt überschritten.

Kurz vor der Stadt Fasa wurden wir von einem wirklich netten Mann auf Englisch angesprochen und zu seiner Familie eingeladen. Wir verbrachten mit ihm und seiner Familie zwei Tage. Trotz Ramadan konnten wir uns vor Essen kaum retten. Einfach toll sich durch die vielfältige iranische Küche zu schlemmen und eine unglaublich liebenswerte Gastfreundschaft zu genießen. Das tat uns unglaublich gut.

 

 

 

 

Als nächstes erreichten wir den Maharlu See kurz vor Shiraz. Ein unwirtlich wirkender Salzsee. Zuvor trafen wir noch Linda und Hanjo aus Deutschland. Sie waren mit ihrem Toyota auch schon einige Zeit unterwegs. Leider war die gemeinsame Zeit am Straßenrand kurz. Nach einer stürmischen Nacht am See erreichten wir auch schon Shiraz. Auch hier erwartete uns ein Bengel mit seinem Motorrad, der an uns so dicht wie möglich vorbeifahren musste, um sich dann mit seinen Freunden dafür zu feiern.  Eine Pause kam gerade recht und wir checkten in einem Hostel ein.

 

 

 

 

Die nächsten Tage schlenderten wir durch die Stadt und besuchten die Nasir al Mulk Moschee mit ihren bunten Fenstern, den prunkvollen Schah Tscheragh Schrein sowie ein Hammam Museum. Natürlich stürzten wir uns wieder ins Gewühl des Bazars. Wegen des Ramadans waren wir auch ständig auf der Suche nach Essen. Viele Restaurants hatten geschlossen, nur hier und da war es möglich versteckt etwas Essen zu bekommen.

 

 

 

 

Weiter ging es für uns, nächste Station war Persepolis. Wir waren wirklich beeindruckt von dieser alten persischen Residenzstadt aus dem Jahre 520 v. Chr.  Sie zeugt von der einstigen Macht des antiken Perserreiches. Die detailreichen Männlein in den unzähligen Reliefs zogen uns in ihren Bann und ließen uns einige Zeit verweilen.

 

Als wäre der Tag nicht schon schön genug gewesen ….. gegen Nachmittag kam eine junge Frau angesprintet, um uns zu einem Kaffee zu ihrer Familie in den Garten einzuladen. Aus dem Kaffee wurde ein Abendessen am Grill und eine Übernachtung im Gartenhaus.

 

 

 

 

 

Langsam wurde alles grüner, wir kamen immer höher in Richtung Berge. An einem Wasserfall wollten wir uns nur mit frischem Wasser eindecken und wurden gleich zum Tee und Melone eingeladen. Uwe nutzte die Chance um auf den rutschigen Steinen auszugleiten und einen netten Schlaaz zur Erinnerung in die Hose zu machen.

 

 

 

In einem idyllischen Tal erreichten wir nach einer kurzen Wanderung den Margoon Wasserfall. Ein schönes Naturschauspiel und nette Abwechslung bei der Wärme. Bald schon sahen wir die ersten schneebedeckten Gipfel. Bis auf knapp 2600m kamen wir hinauf.

 

 

 

Die Stadt Isfahan war unser nächstes Ziel. Kurz vor der Stadt wieder ein Motorradangriff –  danke. Noch ehe wir das Zentrum erreichten, wurden wir mit aller Gewalt zum Mittag eingeladen. Es könnte einem schlechter gehen.

Wir checkten wieder in einem Hostel ein und befanden uns plötzlich zwischen Reisenden aus aller Welt. Unsere wichtigste Mission war allerdings unsere Visen zu verlängern. Ein schwieriges zeitintensives Unterfangen, man wurde mit kleinen Zettelchen immer wieder zwischen den Schaltern hin- und hergeschickt. Mit Hilfe von ein paar Iranern und Jules Charme schafften wir es die verlängerten Visen gleich mitnehmen zu dürfen. Ein anderer Deutscher, der vor uns sein Glück versuchte, wurde auf die darauffolgende Woche vertröstet.

 

Natürlich spazierten wir mehrfach über den Imam Platz. Mit seiner beachtlichen Länge von 500m der größte Platz seiner Art. Dem daneben liegendem Bazar und der Moschee erstatteten wir auch einen Besuch. Im Hostel genossen wir den Austausch mit Reisenden aus Brasilien, Taiwan oder Südkorea.

 

 

 

 

Vorwärts, weiter geht’s. Bald erreichten wir die Wüstenstadt Kashan. Eine kleine traditionelle Stadt mit vielen Lehmhäusern und einem Bazar wie aus „Tausendundeine Nacht“. Wir nutzten unsere Unterkunft um bei Jules Rad einen großen Service zu machen. Das Ritzel klapperte vor sich hin. So wechselten wir nach beachtlichen 20.000km zum ersten Mal Kettenblatt, Ritzel und Kette.

 

 

 

 

Nur 260km entfernt erreichten wir Teheran, unser Ziel. In Aserbaidschan und Turkmenistan bleiben weiterhin die Landgrenzen geschlossen, so blieb uns nichts anderes übrig als wieder in den Flieger zu steigen. So hieß es wieder einmal Fahrradkartons organisieren. Diesmal war es mit der Gastfreundschaft vorbei und wir mussten für diese bezahlen. Auch in U-Bahn oder Bus durften wir mit den neu erstandenen Kartons nicht. So mussten wir uns ein Taxi gönnen, wo die Kartons aufs Dach geschnallt wurden. Wir demontierten die Fahrräder und ab in die Kartons. Langsam sind wir geübt darin. Eine schwierige und nervenaufreibende Aufgabe wurde die Taxisuche zum Flughafen. Kein Minibus oder Kombi war zu bekommen. Den unermüdlichen Versuchen des Hostelpersonals war es zu verdanken, dass wir ein Taxi mit Dachgepäckträger bekamen. Für den Taxifahrer war das alles kein Problem, ab aufs Dach damit. Auch eine verpasste Autobahnabfahrt brachte ihn nicht aus der Ruhe. Ab auf den Randstreifen und rückwärts den einen Kilometer zurückfahren.

 

 

 

 

Ja und dann waren wir am Flughafen. Nun hieß es Abschied nehmen. Schwer fiel uns dieser nicht. Der Iran war einfach keines unserer Lieblingsländer. 4 „Motorradangriffe“ mussten wir über uns ergehen lassen. Auch wenn das nur übermütige Jungs waren, bescherte uns das ein gewisses Unbehagen auf der Straße. Die Iraner sind wirklich nett, sehr nett, vielleicht zu nett. Das kann wirklich sehr anstrengend auf Dauer werden. Nirgends hat man richtig seine Ruhe, ständig versuchte man uns zu helfen, obwohl wir keine Hilfe brauchten. Ein nettes „Nein“ wurde nur schwer akzeptiert. Die Gastfreundschaft ist enorm und wir sind dankbar. Jedoch brauchten wir auch mal Ruhe oder waren nicht gewillt einen riesigen Umweg oder gar in die falsche Richtung zu fahren, um einer Einladung nachzukommen. Gewöhnungsbedürftig war auch überall angestarrt zu werden, einfach nur weil man ein „Weißer“ war. Aber wie gesagt, das sind unsere ganz individuellen Empfindungen…

 

 

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