Jordanien - the good and the bad

 

Wir und unsere geliebten Räder sind heil… naja, halbwegs heil… in Amman, der Hauptstadt Jordaniens, gelandet. Das Rücklicht von Jule liegt in Scherben auf dem Kartonboden und eine Benzinflasche hat aufgrund von diversen Beulen an Volumen eingebüßt. Aber nichts, was wir nicht verkraften würden. Nachdem wir das Fahrradpuzzle wieder vollständig zusammengesetzt haben, fahren wir in eine gemütliche Unterkunft in einem kleineren Vorort von Amman, um uns dort ein paar Tage zu akklimatisieren. Die ersten Kilometer auf jordanischen Straßen ernüchtern uns auch gleich mal ein wenig…. Aber dazu später mehr…

 

Der erste Tag in Jordanien ist regnerisch und somit prädestiniert die Gardinen zu schließen und zu schlafen. Denn der Flug ging über Nacht, wir kamen gegen 2 Uhr morgens an und bezogen das Zimmer gegen zehn Uhr.

 

 

 

 

Nachdem wir uns etwas ausgeruht haben von diesem anstrengenden Leben…… fahren wir an einem Tag nach Madaba, die Mosaikstadt und bewundern genau diese – vor allem bekannt ist die Mosaiklandkarte des Heiligen Landes. An einem anderen Tag erkunden wir Amman, das wir mit dem Bus erreichen – zum Glück lebend. Eine Erfahrung für sich.

 

 

 

Und dann geht es endlich los, die Fahrräder sind wieder gepackt und die Route halbwegs geplant – erstes Ziel: Totes Meer. Nach fast zwei Wochen Pause lassen wir es ruhig angehen und schlagen unser Zelt am Mount Nebo auf. Auf ebenjenem Berg stand vor vielen vielen Jahren auch Moses, blickte auf das Heilige Land und starb. Wir sterben nicht, blicken jedoch auf die Weiten vor uns. Ziemlich beeindruckend!

 

 

 

 

Und dann geht es hinab in einer Wüstenlandschaft zum Toten Meer. Diese Landschaft ist so anders als alles, was wir bisher gesehen haben und wir sind regelrecht begeistert. Unglaublich schön. Und auch das Tote Meer – eigentlich ein See – strahlt in der Sonne blau vor sich hin und lädt uns zu einem netten Schweben ein. Denn nichts anderes tut man in diesem Wasser. Schon wieder ein Highlight!

 

 

 

 

Nachdem wir das Gewässer der Länge nach abgefahren sind, wartet das nächste Ziel auf 1000 müNN auf uns… Und nun ist es ja so, dass das Tote Meer nicht etwa auf 0 Metern liegt, nein, es liegt 430 Meter unter Normalnull. Nun gut. Und der Anstieg hat’s in sich. Ein Vorgeschmack auf die Steigungen, die folgen sollen. Letztendlich kommen wir mit Geduld und etwas Ausdauer aber oben an und stehen inmitten der nicht schlecht erhaltenen Ruinen der Kreuzritterburg Kerak des damaligen Königreiches Jerusalem. Uwe ist hier ganz in seinem Element und erkundet fast jeden Gang dieser imposanten Burg – Jule folgt artig (findet es aber auch ziemlich cool).

 

 

 

 

Weiter geht es teilweise auf dem Jordan Bike Trail, teilweise auf dem asphaltierten Kings Highway. Der Bike Trail führt entlang der Bergkette auf Dreck-/Schotterwegen, die angelegt wurden wie die Esel laufen. Was heißt, dass solche abartigen Steigungen bewältigt werden müssen, die einfach nicht für unsere Radreiseart gemacht sind. Wir schieben teilweise ein Fahrrad zusammen hinauf und freuen uns, dass wir nicht im Sommer hier sind. Dafür bietet der Trail ab und zu Ruhe und spektakuläre Ausblicke.

 

 

 

 

Vorbei an tollen Landschaften, einer weiteren Kreuzfahrerburg (Shobak) rollen wir hinab in die Gegend von Petra. Wir zelten bei Klein Petra und sind wieder einmal beeindruckt von dieser so andersartigen Landschaft. Noch viel beeindruckter sind wir dann aber doch von Petra selbst! Eine mehr als 2000 Jahre alte Felsenstadt, in den Stein gehauen von den Nabatäern. Zwei Tage verbringen wir in diesem riesigen Gelände und kommen aus dem Stauen kaum heraus. Wahnsinn!

 

 

 

 

Dieses Wunder hinter uns lassend, haben wir noch ein Highlight auf jordanischem Boden vor uns: die Wüste Wadi Rum. Schon der Weg dorthin lässt uns wieder einige Male absteigen und das Radl schieben, aber was soll’s. Bei der Landschaft!

 

Wir beschließen auch hier dem Bike Trail zu folgen, der mitten durch die Wüste führt. Aber wir wissen worauf wir uns einlassen (nämlich zähes schieben) und genießen die tollen Aussichten. Wir fühlen uns manchmal wie auf einem anderen Planeten. Und hier mittendrin erreichen wir 10.000 km! So weit sind wir schon gekommen! Wir sind ein ganz klein wenig glücklich und zufrieden und fahren weiter.

 

Die letzten Meter in Jordanien rollen wir hinab zum Roten Meer nach Aqaba und von hier weiter zu unserem nächsten Ziel… zu unserem nächsten Abenteuer! Saudi-Arabien!! Wir sind gespannt, etwas nervös und freuen uns!

 

 

 

 

 

Aber halt! Der Bericht liest sich nun so als wäre alles Friede, Freude, Eierkuchen und wir radeln selig und immer lächelnd dahin. Tatsächlich war dies nicht der Fall. Dieses Land hat uns nicht nur physisch viel abverlangt… Davon abgesehen, dass das Land unglaublich vermüllt ist (und wir sind eigentlich ja langsam einiges gewohnt), hatten wir einige unangenehme Begegnungen und Erfahrungen… kleine Bengel, die meist nur ein englisches Wort uns gegenüber kannten – „money, money“ – waren keine Seltenheit. Manchmal konnten sie sogar noch ein paar Wörter hinzufügen – „f*** you“ und Abwandlungen davon. Aggressive Hunde, mit denen wir jedoch ganz gut umgehen konnten. Erwachsene, die fast immer einen special Touristenpreis hatten. Sicher, es gab auch viele, die nett und freundlich waren, aber trotz der ständigen „Welcome“ Rufe, fühlten wir uns oft nicht willkommen. Wir fühlten uns oft als Touristen, die man aussaugen und bis auf den letzten Cent schröpfen sollte. Und als am Ende ein Touristenpolizist davon anfing, dass wir eine Genehmigung für’s Radfahren bräuchten und ein Kind (es sind fast immer die Jungs) dann auch noch zu Steinen griff, hatten wir genug.

 

 

Dieses Land hat kulturell, historisch und landschaftlich so viel zu bieten und ist im Grunde so schön, aber wir werden immer mit gemischten Gefühlen daran zurückdenken. Und ja, wir haben darüber nachgedacht, ob wir was falsch machen, ob unsere Einstellung falsch ist, ob wir überreagieren. Und wir wissen, dass wir in vielerlei Hinsicht privilegiert sind. Und ja, wir hatten auch sehr schöne Begegnungen in Jordanien… Positiv und Negativ hält sich die Waage.

 

 

Aber jeder sollte seine eigenen Erfahrungen machen….

 

 

Kommentare: 1
  • #1

    Lutz3 (Sonntag, 06 Februar 2022 17:28)

    Hi Jule und Uwe
    sehr schöner Reiseblog den ihr hier schreibt.
    Beneidenswertes Abenteuer was ihr hier macht.
    Weiterhin gute Reise, tolle Eindrücke, freundliche Menschen und bleibt beide gesund.
    Viele Grüße Lutz
    P.S. Thomas hatte mir die HP empfohlen.....