„Touristen – lasset sie uns in C̗ay ersäufen…“ - Türkei Part I

 

Juhu – Türkei…. Und es bleibt heiß. Aber zum Glück steigt auch noch die Luftfeuchtigkeit an, sodass man am Morgen nach dem Bepacken des Fahrrads schon durchgeschwitzt ist. Und um dem vielen Verkehr auf der Hauptstraße zu entgehen, entscheiden wir uns für einen Weg durch die endlose Feldlandschaft der Westtürkei… Nun, nicht alle unsere Entscheidungen sind ausgeklügelt und ein Geniestreich… Nach zahllosen Attacken von monstergroßen Hunden, zahlreichen neuen grauen Haaren und Falten im Gesicht, fahren wir doch wieder zur Hauptstraße zurück und folgen dieser bis Istanbul.

 

 

 

 

Die Stimmung ist gereizt, der Verkehr laut, das Wetter unerträglich und die Campingmöglichkeiten begrenzt… Wir brauchen eine Auszeit! Und die bekommen wir im glorreichen Istanbul, wo ein Apartment mit Klimaanlage für einige Tage auf uns wartet. Und die tut uns gut. Die meiste Zeit gammeln wir im Apartment, genießen die kühle Luft, die uns aus der Klimaanlage entgegen wedelt. Einen kleinen Teil dieser riesengroßen Metropole durchstreifen wir an einem Tag und merken das die Reiselust zurückkehrt als wir diese völlig andere Kultur in uns aufnehmen. Wir blicken auf die asiatische Seite und freuen uns beinahe schon auf die Weiterreise.

 

 

 

 

Und der Zeitpunkt der Abfahrt kommt alsbald. Reumütig verabschieden wir uns von der so lieb gewonnenen Klimaanlage und besteigen eine Fähre, die uns auf einen neuen Kontinent bringt. Asien, wir kommen!

 

 

 

Wir wollten gern das schwarze Meer sehen (die niedrigeren Temperaturen in diesen Gefilden waren nicht unerheblich für die Entscheidung), also führt uns die autobahnähnliche Straße gen Norden. Hier landen wir auf kleineren Straßen, die uns steil bergauf und bergab an der schönen Küste entlangführen. Irgendwann sehen wir aber ein, dass die Idee mit dem Besuch der Küste nicht allzu glorreich war – die Höhenmeter sind dann doch zu viel und wir drehen gen Süden ab – in unbesiedeltere Gegenden….dachten wir…. Eine Illusion!

 

 

Aber trotzdem kommen wir langsam aber sicher in der Türkei an. Und wir schrieben es schon öfter, aber langsam kommen wir tatsächlich auch im Reisen an. Dieses Land mit seinen unglaublich gastfreundlichen Menschen, dem angenehmen Wetter (wir gehen der Hitze aus dem Weg), mit so vielen schönen Stellen für unsere Behausung (das Zelt), den guten Straßen, dem billigen Essen und Einladungen zum C̗ay, C̗ay, C̗ay (C̗ay = schwarzer Tee und Kulturgut dieses Landes) macht uns das Reisen einfach. Wir radeln an alten Höhlenruinen vorbei, entlang von Seen, passieren Bergpässe und Schafherden und genießen dieses Leben!

 

Macht euch auf was gefasst: Es folgen viele viele...viele Bilder!

 

 

 

Auch ein Felgenriss bei Uwe lässt uns nicht verzagen und siehe da, eine Lösung und auch fachmännische Reparatur ist schnell geschehen. Der Felgenriss bei Jule lässt die entspannte Atmosphäre dann doch etwas bröckeln… Und die große Frage – warum brechen Schwerlastfelgen, die doch für ein Gesamtgewicht bis 180 kg ausgelegt sind – geistert uns lange durch die Köpfe. Der schlechte Service und das Desinteresse des Felgenherstellers (Ryde) lässt uns auch ab und an mal schimpfen. Denen schreiben wir schon noch eine richtige Mobbing E-Mail… Wenigstens haben wir nun wieder baugleiche Fahrräder mit neuen Felgen auf den Hinterrädern.

 

 

 

 

Ein Höhepunkt der bisherigen Türkeibereisung erleben wir in Kappadokien, eine Region in der Zentraltürkei. Nicht nur landschaftlich ist diese Gegend spektakulär, wir bekommen auch Besuch aus der Heimat. Jules Eltern reisen an und wir verbringen eine viel zu kurze Woche zu viert. Obwohl wir am ersten gemeinsamen Morgen bereits um vier Uhr früh aufstehen, um das Heißluftballonspektakel von Anfang an bewundern zu können. Am selbsterwählten Aussichtspunkt angekommen, stehen wir in der dunklen, dunklen Nacht… Nach circa einer Stunde geduldigen Ausharrens geht es dann aber doch los und etliche (Zählversuche enden bei 100) Ballons steigen in der Morgendämmerung auf – grandios!

 

 

 

Diese Landschaft mit seinen bizarren Felsformationen, vielen Schluchten, alten Felsenkirchen mit mehr und minder gut erhaltenen Fresken, Höhlen- und Untergrundstädten erkunden wir noch ein Weilchen, bis wir eine kleine (große) Rundreise mit dem Mietwagen durch die Osttürkei wagen.

 

 

Nemrut Dağı – ein über 2000 Meter hoher Berg, auf dessen Spitze sich ein Monument und Grab von einem König aus vorchristlicher Zeit befindet – gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und steht ganz oben auf unserer Liste. Beeindruckend, was Menschen erschaffen können. Am Euphrat entlang geht es vorbei an Stauseen, Täler und Schluchten. Wir genießen die Zeit und die Landschaften bis es wieder „Güle güle“ heißt und wir den Eltern traurig hinterher winken.

 

 

 

But: The show must go on!

Für uns soll es wieder einmal an die Schwarzmeerküste gehen… ob es dieses Mal eine so geniale Idee ist, wird sich zeigen. Aber getreu unserem neuem Motto: wenn es uns nicht gefällt, fahren wir halt woanders hin. So einfach ist das.

Der Weg ist anfangs beschwerlich, denn Uwe rafft ein elender Männerschnupfen fast wieder dahin und Dornen machen uns an zwei Tagen in Folge alle Reifen platt. Aber nachdem Uwe genesen ist und die Reifen repariert sind, steht dem Staunen nichts mehr im Wege.

 

 

 

Wir verlassen die großen Straßen und fahren quer durch die ständig wechselnde Landschaft Richtung Nordost. Wenn wir doch wieder auf die Hauptstraßen geraten, fällt uns die Entscheidung kleine Wege zu nehmen nicht schwer. Und so planen wir die letzte Etappe bis Trabzon am Schwarzen Meer querfeldein durch die hohen Berge. Zweimal stehen wir nach unglaublich steilen Anstiegen auf 2450 Metern Höhe. Auch hier ist alles besiedelt, es ist karg ringsumher und kalt – toll, toll, toll!!! Jeder Höhenmeter, jeder schmerzende Muskel und jedes durchgeschwitzte Oberteil… und Unterteil… macht sich bezahlt. Wir bereuen unsere Entscheidung diese Richtung einzuschlagen eindeutig nicht. Auch wenn morgens das Zelt gefroren ist und der Schnee näherkommt, anziehen kann man sich immer etwas…oder einfach in den warmen Schlafsack huschen. Die Hitze wünschen wir uns keine Sekunde zurück.

 

 

 

 

Vor der Küste besuchen wir noch das Felsenkloster Sumela, hoch oben an einer Steilwand erbaut, meist in Wolken/Nebel eingehüllt. Auch wir erleben es im mystischem Regen und fühlen uns in eine andere Welt versetzt.

 

 

 

 

Dieses Gefühl soll aber nicht lange anhalten, denn wir rollen alsbald in die große, stinkende, dreckige, fahrradunfreundliche Stadt – Trabzon – hinein und sind froh als wir lebendig an unserer Unterkunft ankommen. Darauf trinken wir erstmal eines…oder zwei… der teuren Biere und richten uns gemütlich ein, um unseren Oberschenkeln ein paar Tage Ruhe zu gönnen, bevor wir weiter in den Bergen umherkurven.

 

 

 

 

Wir haben noch einen knappen Monat Visum für die Türkei, welches wir voraussichtlich nutzen werden (aber Pläne ändern sich so schnell…). Jede C̗ay-Einladung werden wir wohl auch weiterhin nicht annehmen, denn dann wären wir immer noch irgendwo im Westen des Landes. Uns wurde einmal gesagt, dass die Türken so gastfreundlich sind, da sie Touristen als von Allah gesandt ansähen. Ob das nun stimmt oder nicht, ändert nichts an der Tatsache, dass dieses Volk uns herzlich in seinem Land aufgenommen hat. Wir durften eine kleine Dorfhochzeitfeierlichkeit miterleben, saßen an einigen warmen Öfen in Wohnzimmern, durften warm duschen und das einfache Leben hier kennen lernen. Wir sind unglaublich dankbar und um so viele Erfahrungen reicher.

 

 

 

 

Bald geht es weiter! Wir freuen uns! Freut euch!

 

Kommentare: 4
  • #4

    Geko60 (Freitag, 19 November 2021 21:00)

    Schön, dass wir euch mal sprechen durften �

  • #3

    Onkel Franek (Donnerstag, 11 November 2021 10:50)

    Na Ihr Süßen?! Man hat ja schon viel Positives von der Türkei und der Herzlichkeit der dortigen Menschen gelesen. Als Berliner mag man das nicht unbedingt vorbehaltlos glauben. Aber Euer Bericht und die Fotos sprechen für sich. Die Leute sehen sooo lieb aus! Ich werde gleich mal rüber nach Neukölln fahren und stellvertretend ein paar Türken knuddeln. ;-)))
    (Es könnten allerdings meine letzten Zeilen hier sein. Verfolgt also bitte mal die Nachrichten.)

    Die Landschaft weiß ebenfalls zu gefallen. Dieses mysthische Kloster in den Bergen hat es mir angetan. Da wäre ich gern mal vor Ort. Zudem tolle Locations, wo Ihr so Eure nächtliche Ruhe fandet: vom Gewerbegebiet über ne Kuhweide bis zum Ballon-Hangar - alles dabei. Wahnsinn. :-))) Im Ernst.

    Eure Reifen - gespickt wie Bockwurstigel - sahen zwar lustig aus, aber in dem Moment wollte ich nicht in Eurer Haut stecken. Was denkt man in so einem Moment?

    Die Wiedersehensfreude mit Jules Eltern kann ich gut nachvollziehen. Bei all den vielen schönen Eindrücken in der Fremde sicher eine besondere Situation auch mal einen kleinen persönlichen Bezugspunkt zur alten Heimat zu haben, oder? Ich hoffe natürlich, Jules Eltern haben richtige Gläser zum Anstoßen von zu Hause mitgebracht?! ;-) Liebe Grüße!

    So, nun wünsche ich Euch gute Weiterfahrt und bin neugierig, wohin sich die Weichen an Eurem Weg stellen werden. Tschö.

  • #2

    Bine (Dienstag, 02 November 2021 09:13)

    Huhu, ihr Beiden.

    Wie die Zeit vergeht, ich bin ganz überwältigt von den tollen neuen Bildern und natürlich eurem sehr spannenden, kurzweilig geschrieben Erfahrungsberichten.
    Da packt einen ja direkt wieder das Fernweh! Sehr schöne Landschaften und tolle Ruinen.
    Habt noch ganz viel Spaß und Steff & ich freuen uns schon auf die nächsten Zeilen und Fotos, die ihr mit uns teilt.
    Lg Bine

  • #1

    ELLI (Mittwoch, 27 Oktober 2021 21:28)

    Hallo ihr Zwei... Ein phantastischer Blog mit atemberaubenden Fotos. Es ist einfach großartig was ihr erlebt und erleben dürft. Weiter so und bleibt gesund... LG Elli �